Julie Abegg wächst als Älteste von insgesamt fünf Kindern mit ihren Eltern in Straßburg auf. Aufgrund eines Unfalls, den sie in der Kindheit erleidet, ist Julie Abegg zeit ihres Lebens körperlich eingeschränkt. In Heimarbeit fertigt sie Näharbeiten an. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges verlässt Julie Abegg Straßburg und zieht nach Berlin. Dort lebt sie zusammen mit ihrer zwei Jahre jüngeren Schwester Elisabeth Abegg in einer dreieinhalb-Zimmer-Wohnung im Bezirk Tempelhof.
Beide Schwestern setzen sich im Nationalsozialismus für Verfolgte ein. Ab 1942 baut Elisabeth Abegg ein geheimes Hilfswerk auf, in das auch Julie einbezogen ist. Die Schwestern verstecken und versorgen Jüdinnen und Juden in ihrer eigenen Wohnung, Elisabeth organisiert weitere Unterkünfte und falsche Papiere. Julie Abegg übernimmt dabei die hauswirtschaftlichen Aufgaben.
Sie näht und repariert die Kleidung für Menschen, die vor einer drohenden Deportation in Ghettos und Vernichtungslager untergetaucht sind. Zusammen mit ihrer Schwester richtet sie außerdem jeden Freitag einen Mittagstisch für Verfolgte aus. In dem Netzwerk um Elisabeth und Julie Abegg finden bis zu 80 Verfolgte Hilfe.
Nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft leben Elisabeth und Julie Abegg weiterhin zusammen in ihrer Wohnung in Berlin-Tempelhof, bis Julie Abegg im Januar 1955 verstirbt.
Seit 1991 befindet sich an dem ehemaligen Wohnhaus der Schwestern eine Gedenktafel, auf der an die von Elisabeth und Julie Abegg im Nationalsozialismus geleisteten Hilfsleistungen erinnert wird.
Weiterführendes
Martina Voigt: Einig gegen die Trägheit der Herzen. Das Hilfsnetzwerk um Elisabeth Abegg zur Rettung jüdischer Verfolgter im Nationalsozialismus. Mit einer Erstveröffentlichung der Festschrift „Und ein Licht leuchtet in der Finsternis“ aus dem Jahr 1957, Berlin 2022