Aufgewachsen mit vier Geschwistern, muss Charlotte Behr früh Verantwortung übernehmen – ihre Mutter stirbt, als sie noch jugendlich ist. Sie kümmert sich nach ihrer Schulentlassung noch einige Jahre um den Haushalt und ihre Geschwister in Berlin, bis der Vater erneut heiratet und wegzieht.
Charlotte Behr engagiert sie sich in den 1920er Jahren zunächst im Kommunistischen Jugendverband (KJVD) und ab 1927 in der Kommunistischen Partei. Als Arbeiterin bei der Berliner Firma „Telegraphenbau“, wird sie in den Betriebsrat gewählt. Im Herbst 1929 zieht Charlotte Behr mit ihrem Partner, dem Kommunisten Otto Wahls, nach Hamburg.
Das Paar ist ab 1933 im Widerstand gegen den Nationalsozialismus aktiv. Ihr Verlobter muss untertauchen. Nachdem die Gestapo seiner nicht habhaft werden kann, wird Charlotte Behr 1933 festgenommen. Zusammen mit 32 anderen Frauen leistet sie im Untersuchungsgefängnis Hamburg-Holstenglacis Widerstand gegen die Haftbedingungen. Die Frauen treten in einen Hungerstreik. Nach vier Monaten kommt Charlotte Behr frei.
„Und das war immer noch der Druck bei den Verhören … Deine Tochter kommt ins Waisenhaus, die erziehen wir in unserem Sinne.“
Charlotte Gross in einem Interview, 1987
Sie bekommt zwei Kinder, 1935 wird Tochter Vera geboren, Sohn Etkar kommt 1937 in der Haft zur Welt. Insgesamt wird Charlotte Behr sechsmal festgenommen und muss mehrere Jahre in verschiedenen Haftanstalten und Konzentrationslagern verbringen. Nach ihrer Freilassung aus dem KZ Lichtenburg im Frühjahr 1939 heiratet sie Walter Gross, den Vater ihres Sohnes. 1944 kommt Walter Gross ums Leben.
Ab 1942 schmuggelt Charlotte Gross für die Widerstandsgruppe um Franz Jacob und Anton Saefkow illegale Zeitschriften zwischen Hamburg und Berlin. Sie wird im Sommer 1944 erneut inhaftiert und vor dem „Volksgerichtshof“ zu zehn Jahren Haft verurteilt.
Anfang 1945 gelingt ihr während des Todesmarschs vom Zuchthaus Jauer die Flucht. Charlotte Gross überlebt, arbeitet im Hamburger Entschädigungsausschuss mit und engagiert sich in der Hamburger Sektion der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN).
Interview mit Charlotte Gross
Weiterführendes
Gerda Zorn/Gertrud Meyer: Frauen gegen Hitler. Berichte aus dem Widerstand 1933-1945, Frankfurt am Main 1974
Henning Fischer: Überlebende als Akteurinnen. Die Frauen der Lagergemeinschaften Ravensbrück: Biografische Erfahrung und politisches Handeln, 1945 bis 1989, Konstanz/München 2018