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Biografie

Gertrud Koch

geb. Kühlem

1. Juni 1924, Köln – 21. Juni 2016, Köln

Portrait: Gertrud Koch

Gertrud Kühlem wächst in Köln auf. Ihre Mutter ist Apothekerin, ihr Vater Kessel­schmied. Beide sind in der kom­munistischen Bewe­gung aktiv. Gertrud Kühlem enga­giert sich in der Bündischen Jugend. 

Die national­sozialistische Macht­übernahme hat Folgen für die Familie. Ihr Vater wird bereits Ende Februar 1933 wegen seines Enga­gements für die KPD fest­genommen. Die Mutter verliert 1933 zeitweise ihre Arbeit als Apothekerin, weil ihr Mann in einem Konzentrations­lager ist. Gertrud Kühlem kann aus Geld­mangel keine höhere Schule besuchen und beginnt 1938 eine Aus­bildung zur Kinder­gärtnerin. Ein Abschluss wird ihr verwehrt, da ihre Familie als „politisch unzuverlässig” gilt. 1942 stirbt ihr Vater im KZ Ester­wegen.

Gertrud Kühlem, „Mucki“ genannt, lehnt den National­sozialismus ab. Sie ist nicht im BDM organisiert, verweigert in der Schule den Hitler­gruß und verteilt mit ihrer Mutter kommunistische Zeitungen. Ende 1939 schließt sie sich mit befreundeten Jugend­lichen in einer Gruppe zusammen, die gemeinsam wandert und musiziert. Als Erkennungs­zeichen tragen sie ein “Käppchen” und einen Anstecker in Form einer Edelweiß­blume, sie nennen sich „Gruppe Edelweiß“. Anfang der 1940er Jahre verteilen sie Flug­blätter gegen das NS-Regime und schreiben anti­faschistische Parolen an Haus­wände. 

Wir hofften immer, dass wir wenigstens ein paar Menschen mit unseren Worten erreichten und zum Nachdenken brächten. Warum erkannten sie nicht, dass alles mit jedem Tag schlimmer wurde?

Gertrud Koch in ihrer Autobiographie, 2006

Aufgrund eines Verrats werden mehrere Mitglieder der Gruppe im Herbst 1942 festgenommen. Auch Gertrud Kühlem wird verhört und miss­handelt. Ende 1942 kommt sie erneut in Haft und wird für mehrere Monate in dem Gestapo-Gefängnis Brauweiler fest­gehalten. 1944 flüchtet sie mit ihrer Mutter aus Köln und ver­steckt sich bis zur Befreiung in Süd­deutschland. 

Nach Kriegs­ende heiratet sie Willy Koch, bekommt ein Kind und arbeitet in der Drogen­hilfe. Erst in hohem Alter berichtet Gertrud Koch öffentlich über ihre Widerstands­handlungen in der NS-Zeit. 2011 erhält sie das Bundes­verdienstkreuz.

Portrait: Gertrud Koch

Gertrud Koch 

Interview mit Gertrud Koch

Weiterführendes

Bernd Rusinek: Gesellschaft in der Katastrophe. Terror, Illegalität, Widerstand - Köln 1944/45, Essen 1989

Gertrud Koch: Edelweiß. Meine Jugend als Widerstandskämpferin, Reinbek 2006

Simone Dittmar: „Wir wollen frei von Hitler sein.“ Jugendwiderstand im Dritten Reich am Beispiel von drei Kölner Edelweißpiraten, Frankfurt am Main 2011