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Biografie

Jeanette Wolff

geb. Cohen

22. Juni 1888, Bocholt – 19. Mai 1976, West-Berlin

Portrait: Jeanette Wolff

Jeanette Cohen wird im niederrheinischen Bocholt geboren und schließt sich bereits mit siebzehn Jahren dem Verband der sozialistischen Jugend an. Ihr Vater Isaac wird als bekennender Sozialdemokrat Ende des 19. Jahrhunderts vom Lehrerberuf aus­geschlossen und betreibt gemeinsam mit seiner Frau Dina in einem Arbeiterviertel Bocholts einen Textilwarenladen. 

Da Jeanette Cohen aus finanziellen Gründen kein Studium beginnen kann, geht sie zu Verwandten nach Brüssel und erlernt den Beruf der Kinder­gärtnerin. Mit zwanzig Jahren heiratet sie den niederländischen Gemüse­händler Philip Fuldauer und bringt kurz darauf ihr erstes Kind zur Welt. Sie verliert ihre Tochter mit nur zehn Monaten, zwei Wochen später verstirbt ihr Ehemann an Tuberkulose.

Nach ihrer Rückkehr nach Bocholt heiratet sie 1910 den Kaufmann Hermann Wolff und bekommt mit ihm drei Töchter. Sie lassen sich in Bocholt nieder und führen eine kleine Textilfabrik. Nachdem ihr Mann zum Kriegs­dienst eingezogen worden ist, leitet Jeanette Wolff den Betrieb und engagiert sich für soziale Belange. Im Jahr 1919 wird sie für die SPD in die Bocholter Stadtverordnetenversammlung gewählt. 

Als stadtbekannte Sozia­ldemokratin wird Jeanette Wolff bereits kurz nach den Reichs­tags­wahlen am 5. März 1933 bis April 1935 in „Schutzhaft“ genommen. Im Januar 1942 wird sie nach Riga deportiert und muss in den Konzentrationslagern Riga-Kaiserwald und Stutthof Zwangs­arbeit leisten. Auch ihr Mann Hermann und die drei Töchter Juliane, Edith und Käthe werden in verschiedene Konzentrationslager verschleppt. Einzig Jeanette Wolff und ihre Tochter Edith überleben und können 1946 nach Berlin zurückkehren. 

Jeanette Wolff wird Vorstandsmitglied der neuen SPD, Stadtverordnete in Berlin und 1952 Mitglied des ersten Deutschen Bundestages. Sie setzt sich besonders für die Belange der Holocaust-Überlebenden ein und kämpft für ein bundesweites Ent­schädigungs­gesetz. 1949 gründet sie unter anderem mit Annedore Leber die Gesell­schaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und bleibt bis zu ihrem Tod aktives Mitglied in der Jüdischen Gemeinde. 

Jeanette Wolff stirbt am 19. Mai 1976 im Jüdischen Krankenhaus in Berlin. 

Portrait: Jeanette Wolff

Jeanette Wolff