Anna Behrend wird als Tochter einer mecklenburgischen Landarbeiterfamilie in Penzlin geboren. Sie arbeitet zunächst als Haus- und Kindermädchen in Mecklenburg und Hamburg, wo sie ihren Mann, den Schneider Konrad Vogt, kennenlernt. 1902 kommt die gemeinsame Tochter zur Welt, die jedoch schon früh stirbt. Ab 1903 lebt das Paar in Blumenthal. Hier kommt Anna Vogt mit der sozialistischen Arbeiterbewegung in Berührung.
Sie engagiert sich zunächst in einer inoffiziellen Gruppe von sozialdemokratischen Frauen. Mit dem Reichsvereinsgesetz von 1908, das das Verbot der politischen Betätigung von Frauen aufhebt, wird sie Mitglied der SPD. Nach der Trennung von ihrem Mann heiratet sie 1916 den Buchdrucker Carl Stiegler und zieht mit ihm nach Bremen. 1918 wird sie für die USPD in die Bremer Bürgerschaft gewählt, der sie bis 1933 angehört, ab 1922 als Mitglied der SPD-Fraktion.
Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme hält Anna Stiegler Kontakt zu verschiedenen Widerstandszirkeln, organisiert Unterstützungsaktionen für Familien inhaftierter Genossinnen und Genossen sowie als Geburtstagsfeiern oder Ausflugsfahrten getarnte Treffen. Auf diesen werden aus dem Ausland geschmuggelte politische Schriften diskutiert und weiterverbreitet. Anna Stiegler ist es vor allem wichtig, den Zusammenhalt unter den sozialdemokratischen Frauen zu stärken und diese politisch zu schulen.
Wir wussten, dass wir für eine Idee litten, die den freien Menschen zum Ziele hat, in einer freien Welt!
Anna Stiegler in einem Erinnerungsbericht
Nachdem die Gruppe verraten worden ist, wird Anna Stiegler 1935 wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ vom Hanseatischen Oberlandesgericht zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach der Verbüßung der Haft wird sie jedoch nicht freigelassen, sondern 1939 in das Konzentrationslager Ravensbrück überstellt. Ihr Mann Carl Stiegler ist nach einer zweijährigen Haftstrafe bereits seit 1937 im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert.
Anna Stiegler kann die Haft überleben und engagiert sich nach der Befreiung erneut in der SPD. 1946 wird sie wieder in die Bremer Bürgerschaft gewählt und arbeitet im überparteilichen Bremer Frauenausschuss. Bei ihrer Rückkehr erfährt sie, dass ihr Mann die Haft nicht überlebt hat.
Seit 2022 erinnern in Bremen-Findorff Stolpersteine an Anna und Carl Stiegler.
Weiterführendes
Renate Meyer-Braun: Anna Stiegler (21.4.1881 bis 23.6.1963). Antifaschistin, Frauenpolitikerin, Sozialpolitikerin, in: Verena Behrens/Gisela Menger (Hg.): Starke Frauen radikal sozial und demokratisch. Ein Dialog mit 150 Jahren Bremer Geschichte, Bremen 2014, S. 65-89