Elisabeth Schiemann promoviert 1912 und arbeitet als Spezialistin für Pflanzengenetik an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin. 1924 erhält sie die akademische Lehrerlaubnis und arbeitet als Privatdozentin.
Sie lebt mit ihrer Schwester Gertrud zusammen. Ab 1933 unterstützen sie jüdische Freundinnen und Freunde und helfen ihnen bei der Flucht. Elisabeth Schiemann ist gläubige Protestantin und engagiert sich ab 1934 in der Bekennenden Kirche. Sie fordert, dass die Kirche mehr für verfolgte Jüdinnen und Juden tut. Die Genetikerin Schiemann spricht sich zudem öffentlich gegen die pseudowissenschaftliche „Rassentheorie“ der Nationalsozialisten aus. 1940 wird ihr wegen „politischer Unzuverlässigkeit“ die Lehrerlaubnis entzogen.
Als die befreundete Musikerin Andrea Wolffenstein am 11. Januar 1943 vor der Deportation fliehen muss, kommt sie zunächst bei Elisabeth und Gertrud Schiemann unter.
1946 erhält Elisabeth Schiemann eine Professur an der Universität Berlin. Wegen ihres Widerstands gegen die Judenverfolgung wird sie 2015 von der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem posthum als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt.
Weiterführendes
Elvira Scheich: Elisabeth Schiemann (1881-1972). Patriotin im Zwiespalt, in: Susanne Heim (Hg.): Autarkie und Ostexpansion. Pflanzenzucht und Agrarforschung im Nationalsozialismus, Göttingen 2002, S. 250–279
Martina Voigt: Weggefährtin im Widerstand. Elisabeth Schiemanns Einsatz für die Gleichberechtigung der Juden, in: Manfred Gailus (Hg.): Elisabeth Schmitz und ihre Denkschrift gegen die Judenverfolgung. Konturen einer vergessenen Biografie (1893-1977), Berlin 2008, S. 128-162
Martina Voigt: „Die Gemeinde hat die Pflicht, an den allgemeinen Menschenrechten interessiert zu sein“: Elisabeth Schiemann, in: Manfred Gailus/Clemens Vollnhals (Hg.): Mit Herz und Verstand. Protestantische Frauen im Widerstand gegen die NS-Rassenpolitik, Göttingen 2013, S. 101-127
Reiner Nürnberg/Ekkehard Höxtermann/Martina Voigt (Hg.): Elisabeth Schiemann 1881-1972. Vom Aufbruch der Genetik und der Frauen in den Umbrüchen des 20. Jahrhunderts, Rangsdorf 2014