Aufgewachsen in einer liberalen Lehrerfamilie entscheidet sich Marie Pleißner selbst für diesen Beruf und ist ab 1915 in ihrer Heimatstadt Chemnitz tätig. Sie setzt sich aktiv für die Gleichstellung von Frauen sowie für die Verwirklichung der Menschenrechte und für den Frieden ein. Sie ist in einer Vielzahl von Verbänden engagiert. Politisch ist Pleißner seit 1918 in der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP) organisiert und kandidiert noch im März 1933 für ein Reichstagsmandat der inzwischen in Deutsche Staatspartei umbenannten Partei.
Bereits 1933 gerät sie in Konflikt mit der Leitung ihrer Schule und wird 1934 aus dem Schuldienst entlassen. In den folgenden Jahren bestreitet Marie Pleißner ihren Lebensunterhalt als Haushälterin und Pflegerin und erteilt Privatunterricht. Sie unterstützt Verfolgte und nutzt Kontakte nach Großbritannien, um ihnen bei der Auswanderung zu helfen.
Seit dem Ende des Ersten Weltkriegs steht Pleißner in Kontakt mit Internationalen Gruppen der Religiösen Gesellschaft der Freunde. Mitte der 1930er Jahre festigen sich ihre Beziehungen zu den deutschen Quäkern. Unter dem Eindruck der Novemberpogrome 1938 reist sie nach Berlin, und versucht vergeblich, die Quäker zu einem öffentlichen Protest gegen die Judenverfolgung zu bewegen. Nach einer Reise nach Großbritannien im Frühjahr 1939, bei der Marie Pleißner in Zusammenarbeit mit britischen Quäkern Hilfen für jüdische Flüchtlinge organisiert, tritt sie endgültig der Gemeinschaft bei.
Dieser Krieg wird und muss scheitern!
Marie Pleißner, 1939
Im September 1939 wird Pleißner nach einer Denunziation festgenommen und am 5. Oktober in das Konzentrationslager Ravensbrück verschleppt. Sie kommt im Rahmen einer Amnestierung von politischen Häftlingen am 20. April 1940 frei.
Marie Pleißner arbeitet nach Kriegsende wieder als Lehrerin in ihrer Heimatstadt, wird Mitglied der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands und 1946 des Sächsischen Landtags. Sie engagiert sich in der Friedensbewegung, hält international Vorträge und spricht sich vehement gegen die Einführung des Wehrkundeunterrichts in der DDR aus. Zeitweise verliert sie ihren Status als Verfolgte des Nationalsozialismus.
Weiterführendes
Carmen Stange: Marie Pleißner, in: Siegfried Mielke (Hg.): Gewerkschafterinnen im NS-Staat. Biografisches Handbuch, Bd. 2, Berlin 2022, S. 365-380