Im damals deutschen Metz geboren, verbringt Antonie Pfülf, genannt Toni, ihre Kindheit in einem großbürgerlichen Elternhaus. Gegen den Willen ihrer Eltern geht sie 1896 nach München an die Lehrerbildungsanstalt und unterrichtet ab 1902 an verschiedenen Schulen in Bayern.
Toni Pfülf tritt 1908 der SPD bei. Als Lehrerin ist sie vielfach mit Kindern konfrontiert, die in schwierigen und ärmlichen Verhältnissen leben und engagiert sich ehrenamtlich als Armen- und Waisenrätin. 1918 ist sie eine von fünf Frauen im Münchner Arbeiterrat. Ein Jahr später wird sie in die verfassunggebende Deutsche Nationalversammlung gewählt und vertritt von 1920 bis 1933 die SPD im Deutschen Reichstag.
Toni Pfülf ist zudem Mitglied in der Freien Lehrergewerkschaft Deutschlands (FLGD) und kämpft für eine Chancengleichheit im Bildungswesen, um auch Arbeiterkindern den Zugang zu weiterführenden Schulen zu ermöglichen. Sie engagiert sich für die Gleichberechtigung der Frauen und schon früh gegen den aufkommenden Nationalsozialismus. Sie wird deshalb im März 1933 kurzzeitig inhaftiert. Am 23. März 1933 stimmt Toni Pfülf im Reichstag mit den anwesenden Abgeordneten ihrer Fraktion gegen das Ermächtigungsgesetz. Als sich die Mehrheit der SPD-Fraktion entschließt, am 17. Mai 1933 einer gemäßigt gehaltenen Regierungserklärung des Reichskanzlers Adolf Hitler zu außenpolitischen Fragen zuzustimmen, kritisiert sie dieses Vorgehen scharf. Sie verlässt die Sitzung unter Protest.
Auf der Rückfahrt von Berlin nach München unternimmt sie einen schon länger erwogenen Versuch, sich das Leben zu nehmen. Sie wird rechtzeitig gefunden und in ein Krankenhaus gebracht. Am 8. Juni wiederholt Toni Pfülf ihren Suizidversuch und stirbt in ihrer Münchner Wohnung.
Heute befindet sich an ihrem ehemaligen Wohnhaus in der Leopoldstraße 77 in München eine Gedenktafel für Toni Pfülf.
Weiterführendes
Antje Dertinger: Dazwischen liegt nur der Tod. Leben und Sterben der Sozialistin Antonie Pfülf, Berlin 1986
Eva Maria Volland: Antonie (Toni) Pfülf – … die Interessen der Frauen zu vertreten, in: Hartmut Mehringer (Hg.): Von der Klassenbewegung zur Volkspartei. Wegmarken der bayerischen Sozialdemokratie 1892-1992, München/London/New York/Paris 1992, S. 187-191
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (Hg.): Der Freiheit verpflichtet. Gedenkbuch der deutschen Sozialdemokratie im 20. Jahrhundert, Marburg 2000
Max Bloch: Toni Pfülf, in: Siegfried Mielke (Hg.): Gewerkschafterinnen im NS-Staat. Biografisches Handbuch, Bd. 2, Berlin 2022, S. 353-359