Die Tochter eines Klempnergehilfen schließt sich mit 15 Jahren der Sozialistischen Arbeiterjugend an, wird 1912 Mitglied der SPD und gehört ab 1919 der KPD an. Die gelernte Büroangestellte ist zudem im Verband der Bankangestellten organisiert. Im Spätherbst 1919 lernt Ruth Oesterreich den Kominternbeauftragten Jakob Reich kennen. Sie wird seine Sekretärin, heiratet ihn, 1924 kommt Tochter Ruth zur Welt.
Ende der 1920er Jahre gehört sie zur Gruppe kritischer Kommunisten, die den ultralinken Kurs der KPD und der Komintern ablehnen und bricht mit dem Kommunismus Stalinscher Prägung. Im Mai 1929 wird sie aus der KPD ausgeschlossen. 1931 wird sie Mitglied der neu gegründeten Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP), einer linken Abspaltung der SPD. 1933 emigriert sie in die Tschechoslowakei.
In Prag schließt sie sich der sozialistischen Gruppe „Neu Beginnen” an, arbeitet zeitweise für die von William Schlamm herausgegebenen „Europäischen Hefte” und findet später in Prag und Paris, wohin sie nach der deutschen Besetzung flieht, Arbeit bei den Gesandtschaften der spanischen Volksfrontregierung. Ruth Oesterreich sammelt vor allem militärische Nachrichten aus Deutschland. Weil sie aus Frankreich als unerwünschte Ausländerin abgeschoben wird, flieht sie Mitte Dezember 1939 mit ihrer Tochter weiter nach Brüssel, wo sie weitere Informationen über die deutschen Kriegsvorbereitungen zusammenträgt. Am 24. April 1941 werden beide in Brüssel festgenommen.
Während ihre Tochter Ruth im Februar 1942 in Karlsruhe aus der Haft entlassen wird, verurteilt der „Volksgerichtshof” Ruth Oesterreich am 18. Februar 1943 wegen „Vorbereitung zum Hochverrat, Feindbegünstigung und Wehrkraftzersetzung” zum Tode.
Am 25. Juni 1943 starb sie so bewusst und tapfer, wie sie gelebt (hatte).
Nettie Sutro-Katzenstein 1952 über Ruth Oesterreich, deren Flüchtlingskinderhilfe sie in ihrem Buch thematisiert
Ruth Oesterreich wird am 25. Juni 1943 im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee ermordet.
Weiterführendes
Birgit Schmidt: Wer war Ruth Oesterreich? Auf den Spuren einer vergessenen Sozialistin, Lich 2011