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Biografie

Ilse Kassel

9. Juni 1902, Berlin – 20. September 1943, Alt Gurkowschbruch (Górecko)

Portrait: Ilse Kassel

Ilse Kassel wächst in Berlin auf. Sie studiert Medizin und über­nimmt nach dem Tod ihres Vaters Dr. Woldemar Kassel dessen Arzt­praxis in Berlin-Hermsdorf. 

Sie ist Mit­glied der SPD und enga­giert sich gegen das Ab­trei­bungs­verbot. Im Juli 1935 wird sie ge­mein­sam mit ihrem Schwa­ger Kurt Schneemilch, der ebenfalls Arzt ist, fest­ge­nommen. Ihnen wird die heimliche Durch­führung von Ab­trei­bun­gen vor­ge­wor­fen. Die beiden kommen aus Mangel an Beweisen wieder frei, ohne dass ein Verfahren eingeleitet wird. 

Ilse Kassel en­ga­giert sich im kom­munis­tischen Wider­stand gegen das NS-Regime in Hermsdorf und wird deshalb im Sommer 1936 erneut in­haftiert. Zu diesem Zeit­punkt schwan­ger, kommt ihre Tochter Edith am 7. Mai 1937 in Unter­suchungs­haft zur Welt. Sie wird bei Ilse Kassels Schwester Hilde unter­ge­bracht.

Einige Monate später ver­ur­teilt das Kammer­gericht Berlin Ilse Kassel im November 1937 zu drei Jahren Zucht­haus. Im Mai 1938 wird ihr der Doktor­titel aber­kannt und die Ap­pro­bation ent­zogen. Sie stellt einen An­trag auf Aus­wan­derung nach Palästina, der aber am Be­ginn des Zweiten Welt­kriegs scheitert.

Im Herbst 1939 aus dem Zucht­haus ent­lassen, arbeitet Ilse Kassel zu­nächst als Kran­ken­schwester und muss dann Zwangs­arbeit in der Rüs­tungs­indus­trie leisten. Um einer dro­hen­den Depor­tation zu ent­gehen, ver­steckt sie sich im Herbst 1942 mit ihrer Tochter Edith bei ihrer ehe­maligen Patientin Tony Großmann, die einen Hof in Alt Gurkowsch­bruch (Górecko) bewirt­schaftet.

Als die Gestapo nach den Ver­steckten sucht, begeht Ilse Kassel Suizid. Ihre Tochter Edith wird im Oktober 1943 in das Ghetto Theresien­stadt deportiert und ein Jahr später im Ver­nichtungs­lager Auschwitz-Birkenau ermordet.

Seit 2008 erinnert in Berlin-Hermsdorf ein Stolperstein an das Schicksal von Ilse und Edith Kassel.

Portrait: Ilse Kassel

Ilse Kassel 

Weiterführendes

Hans-Rainer Sandvoß: Widerstand in Pankow und Reinickendorf, 3. Auflage, Berlin 2008, S. 139-146