Biografie
Edith Jacobson
geb. Jacobssohn
10. September 1897, Haynau (Chojnów) – 8. Dezember 1978, Rochester, USA
Edith Jacobssohn wächst in einer deutsch-jüdischen Medizinerfamilie in Niederschlesien auf, ihr Vater ist Arzt, ihre Mutter Musikerin. Sie studiert in Jena und Heidelberg Medizin, spezialisiert sich auf die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und arbeitet mit den marxistisch orientierten Psychoanalytikern Otto Fenichel und Wilhelm Reich zusammen. Mit letzterem ist sie in der Sexualberatungsstelle für Jugendliche in Berlin-Charlottenburg tätig.
Ab 1933 gehört Edith Jacobssohn der linken Widerstandsgruppe Neu Beginnen an, die sich auch in ihrer Wohnung trifft.
Wir arbeiten jetzt in unserer kleinen Gruppe sehr ernsthaft und interessiert. Vielleicht das einzige, was wirklich Freude macht …
Edith Jacobson, 1934
Zudem verfasst sie für den nach Prag emigrierten Otto Fenichel Berichte über die Situation in Deutschland. Dieser organisiert mithilfe von nur für einen „inneren Kreis” bestimmte Rundbriefe den Kontakt zwischen marxistisch orientierten Psychoanalytikern, zu denen neben Edith Jacobssohn etwa auch Erich Fromm gehört.
Am 24. Oktober 1935 wird sie festgenommen und am 8. September 1936 vom Kammergericht Berlin zu zwei Jahren und drei Monaten Zuchthaus verurteilt. Während der Haft verfasst Edith Jacobssohn psychoanalytische Abhandlungen und Gedichte, unter anderem den Text „Betrachtungen über physische und psychische Hafteinwirkungen“.
Als ihr Anfang 1938 aufgrund eines notwendig gewordenen Krankenhausaufenthalts ein Hafturlaub gewährt wird, glückt ihr die Flucht und sie kann über Prag in die USA weiterreisen. Im amerikanischen Exil ändert sie ihren Namen in Jacobson.
Die bedeutende Psychoanalytikerin lebt und wirkt bis zu ihrem Tod 1978 in der Nähe von New York.
In Berlin erinnert seit 2005 eine Gedenktafel an Edith Jacobson, zudem trägt das Psychoanalytische Institut für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie seit 2006 ihren Namen. 2015 wird ihr Werk über die Auswirkungen von Haft auf die Psyche erstmals veröffentlicht.
Weiterführendes
Michael Schröter/Elke Mühlleitner/Ulrike May: Edith Jacobssohn. Ihre Jahre in Deutschland (1897-1938), in: Psyche 58 (2004), S. 544 ff.
Ulrike May/Elke Mühlleitner (Hg.): Edith Jacobson. Sie selbst und die Welt ihrer Objekte. Leben, Werk, Erinnerungen, Gießen 2005
Rebecca Schwoch: Berliner jüdische Kassenärzte und ihr Schicksal im Nationalsozialismus, Berlin 2009, S. 391-393
Judith Kessler/Roland Kaufhold (Hg.): Edith Jacobson. Gefängnisaufzeichnungen, Gießen 2015