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Biografie

Josefa Boholle

16. März 1907, Berlin – 2. Juni 1955, Hamburg

Portrait: Josefa Boholle

Josefa Boholle ar­bei­tet in der Wei­ma­rer Re­pu­blik erfolg­reich als Arti­stin und Tän­ze­rin. Ihr Vater Josef Bohinge Boholle stammt aus Kame­run und ist im Rah­men der ers­ten „Kolonial­aus­stel­lung“ 1896 nach Deutsch­land ge­kom­men, ihre Mutter Stephanie Urbanowski ist Russin. 1928 schafft es Josef Boholle als einer der weni­gen Ko­lo­nial­migranten, die deut­sche Staats­bürger­schaft für sich und seine Fa­milie zu be­kom­men. 

Nach der national­sozia­lis­ti­schen Macht­über­nah­me ver­schärft sich die Si­tua­tion für Schwarze Men­schen in Deutsch­land. 1934 hei­ratet Josefa Boholle den Fri­sör Julius Schulte. Auf­grund der zu­nehmend ein­ge­schränkten Auf­tritts- und Ein­kom­mens­mög­lich­keiten arbeitet sie von 1936 bis 1940 bei der pro­pa­gan­dis­ti­schen „Deutschen Afrika-Schau“. 

Da­nach ist sie als Sta­tis­tin für die Bavaria Film GmbH tätig. Als die Pro­duk­tions­firma ent­ge­gen der Ver­trä­ge kos­ten­güns­ti­gere Zwangs­ar­beiter­innen und Zwangs­ar­beiter ein­setzt, klagt Josefa Boholle ge­mein­sam mit an­de­ren ge­gen das Unter­neh­men. 1943 hei­ra­tet sie in zwei­ter Ehe den Nieder­länder Cornelius van der Want, mit dem sie seit 1939 einen Sohn hat. Nach­dem das Haus der Fa­mi­lie im März 1943 bei einem al­li­ier­ten Luft­an­griff zer­stört wird, zie­hen sie nach Brom­berg (Bydgoszcz). 

Dort wer­den Josefa und Cornelius van der Want Ende 1944 fest­ge­nommen, weni­ge Wochen spä­ter ihre Mut­ter. Ihnen wird eine NS-kriti­sche Ge­sinnung sowie das Ab­hö­ren aus­län­di­scher Ra­dio­sen­der vor­ge­wor­fen. Ver­mut­lich spielt auch die Her­kunft ihrer Familie eine Rolle bei der Ver­fol­gung. Sie wer­den im Januar 1945 in das Konzen­trationsl­ager Stutt­hof ge­bracht, Josefas Mut­ter über­lebt die Haft­zeit nicht. 

Ich bin wegen meiner Rasse, anti­national­sozia­lis­tischem Verhalten und Arbeitsverweigerung verhaftet worden.

Josefa Boholle in ihrem Antrag auf Entschädigung, um 1945/46

Nach der Be­frei­ung günden Josefa und Cornelius van der Want eine Variete-Truppe. Sie leben zunächst in Ostberlin, ziehen dann aber in die Niederlande. Josefa van der Want lei­det bis zu ihrem Tod an den ge­sund­heitlichen Folgen ihrer In­haf­tie­rung. 

Im Oktober 2023 werden vor ihrem ehe­mali­gen Wohn­haus in Berlin-Mitte Stol­per­steine zum Ge­den­ken an die Fa­mi­lie ver­legt.

Portrait: Josefa Boholle

Josefa Boholle 

Weiterführendes

Robbie Aitken/Eve Rosenhaft: Black Germany. The Making and Unmaking of a Diaspora Community, 1884-1960, Cambridge 2013

Katharina Oguntoye: Schwarze Wurzeln. Afro-deutsche Familiengeschichten von 1884 bis 1950, Berlin 2020