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Biografie

Hilde Radusch

6. November 1903, Altdamm (Dąbie) – 2. August 1994, Berlin

Portrait: Hilde Radusch

Hildegard (Hilde) Radusch wird in Alt­damm (Dąbie) geboren. Der Vater, zu dem sie ein en­ges Ver­hält­nis hat, stirbt bereits 1915 als Soldat im Ersten Welt­krieg. 1921 zieht Hilde Radusch nach Berlin und schließt dort eine Aus­bil­dung als Erzieherin ab. Im Berlin der 1920er Jahre liebt sie offen Frauen, wird Mit­glied der KPD und an ihrer Arbeits­stätte Be­triebs­rätin. Außer­dem ist Hilde Radusch in der Berliner Lei­tung des Roten Frauen- und Mädchen­kampf­bundes aktiv. Im Alter von 26 Jahren wird sie für die Berliner KPD Stadt­verordnete.

Wenn ich schon anders
Als die Andern bin –
Wen geht's was an? …

Hilde Radusch, 1976

Nach der Macht­übernahme der National­sozia­listen wird Hilde Radusch als bekannte Kom­munistin von April bis September 1933 im Frauen­gefäng­nis Barnim­straße in Berlin in­haf­tiert. 1939 lernt sie in ihrem Wohn­haus in der Oranienburger Straße ihre spätere Lebens­gefährtin Else Klopsch kennen. In den Kriegs­jahren unter­stützt sie ihre Partnerin in dem von ihr ge­gründe­ten Mittagstisch „Lothringer Küche“. Im August 1944 vor der bevor­stehenden Fest­nahme gewarnt, taucht das Paar gemeinsam in ihrer Laube in Prieros (Branden­burg) unter. Hilde Radusch führt dort in den letzten Kriegs­monaten Tage­buch und be­schreibt darin die bitteren Um­stände des Über­lebens.

1946 tritt Hilde Radusch nach eigener Aus­sage aus „politischer Enttäuschung“ aus der KPD aus, die An­erken­nung als „Opfer des Faschismus“ wird ihr nach­träg­lich ent­zogen. 

Das Paar lebt in den fol­gen­den Jah­ren in West-Berlin, wo sie auf­grund ihrer Be­zie­hung fort­während dis­krimi­niert und be­droht werden. In den 1970er Jahren en­ga­giert sich Hilde Radusch in der Neuen Frauen- und Lesben­bewe­gung und wird Mit­be­gründerin des Frauen­forschungs-, -bildungs- und Infor­mations­zentrums (FFBIZ). Sie stirbt 1994.

Portrait: Hilde Radusch

Hilde Radusch 

Personen

Weiterführendes

Claudia Schoppmann: Nicht Opfer, sondern immer Kämpferin. Hilde Radusch (Jahrgang 1903), in: Claudia Schoppmann: Zeit der Maskierung. Lebensgeschichten lesbischer Frauen im „Dritten Reich“, Berlin 1993, S. 32–41

Hermann Weber/Andreas Herbst: Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945 (2. überarbeitete und stark erweiterte Auflage), Berlin 2008, S. 696

Ilona Scheidle: Der Gedenkort Hilde Radusch. Eine queer-feministische Intervention in andronormative Gedenkpolitiken, in: Frank Ahland (Hg.): Zwischen Verfolgung und Selbstbehauptung. Schwul-lesbische Lebenswelten an Ruhr und Emscher im 20. Jahrhundert, Berlin 2016, S. 125-144

Sina Speit: Die westdeutsche Frauenbewegung im intergenerationellem Gespräch. Der Nachlass von Hilde Radusch (1903-1994), in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft (Bd. 69), Berlin 2021, S. 151-162

Silke Schneider: Hilde Radusch, in: Siegfried Mielke (Hg.): Gewerkschafterinnen im NS-Staat. Biografisches Handbuch, Bd. 2, Berlin 2022, S. 381-395

Andrea Rottmann: Berlin 1945-48. Hilde Radusch kommt dem Sozialismus in die Que(e)re. Oder: Nachdenken über die Geschichte lesbisch-queerer Frauen in Deutschland in der Mitte des 20. Jahrhunderts, in: Michael Mayer/Michael Schwartz (Hg.): Verfolgung. Diskriminierung. Emanzipation. Homosexualität(en) in Deutschland und Europa 1945 bis 2000 (Schriftenreihe der Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Bd. 126), Berlin/Boston 2023, S. 83-91